Er ist schon eine seltsame Erscheinung, dieser Tintenfischpilz. Langsam aber sicher erobert dieser sonnenwärmeliebende Neomyzet vom anderen Ende der Welt nun unsere Wälder und zaubert Naturfreunden regelmäßig das pure Erstaunen ins Gesicht.
Das erste Mal gesehen hatte ich den Tintenfischpilz im Buch „Das Laacher-See-Gebiet im Rundumblick vom Lydiaturm“ von Walter Müller, den ich während meiner Ausbildung zur Gästeführerin kennenlernen durfte. Die ganze Pilzsaison hatte ich ihn vergebens an mir empfohlenen Stellen gesucht und wollte in diesem Jahr eigentlich nicht erneut auf die Suche gehen. In einer Pilzgruppe auf Facebook postete dann aber eine sehr nette Dame, dass sie ihn bei Koblenz zufällig gefunden hatte. Und nach einer sehr guten Beschreibung von ihr konnte ich dann die Stelle ausfindig machen.
Wenn man ihn nicht direkt sieht, kann man ihn aber riechen. Der Geruch ist wirklich unverwechselbar. Und bei meinem zweifachen Besuch bei Koblenz konnte ich mich davon überzeugen, welch vielfältige Erscheinungen der Tintenfischpilz ausbilden kann.

Der ungewöhnliche Pilz vom anderen Ende der Welt
Laut den Informationen, die ich in der Zeitschrift des Eifelvereins aus dem Jahr 2010 gefunden habe, soll der Pilz im Jahre 1914 erstmals auf dem europäischen Festland entdeckt worden sein, und zwar in Frankreich. Der erste Fund in Deutschland soll 1938 gewesen sein (in einer anderen Quelle steht 1934). Seitdem wurde er nach und nach in verschiedenen Regionen Deutschlands gefunden. Wie genau er nach Europa kam, ist nicht ganz klar. Man vermutet aber, dass sich Sporen in Schafwolle oder anderen Gütern aus der Ursprungsgegend befanden und der Pilz so seinen Weg in unsere Gegend fand.
Heimisch ist der besondere Pilz, der mit der Stinkmorchel verwandt ist, in Australien, Neuseeland und Malaysia, wo er das sonnenverwöhnte Wetter genießt.


Der Tintenfisch aus dem (Hexen)Ei
Wie die Stinkmorchel entwickelt sich auch der manchmal auch Krakenpilz genannte Sonderling aus einem sogenannten Hexenei. Noch geschlossen liegt es recht unscheinbar zwischen verrottetem Holz, Laub oder abgestorbenen Pflanzenteilen, da er sich als Saprophyt bzw. als saprotrophen Pilz davon ernährt. Es lohnt sich also, bei einer gezielten Suche nach ihm in eher unberührten Waldstücken Ausschau zu halten, wo viel älteres Holz und anderes Material am Boden zu finden ist.

Ist dieses Ei reif, platzt es am Scheitelpunkt auf und die eigentlichen „Arme“ des Tintenfischpilzes bilden sich nach außen. In der Zeitschrift des Eifelvereins heißt es 2012 „…und in kurzer Zeit entsprießt der Öffnung ein rosafarbener, 5 bis 15 Zentimeter langer, bananenförmiger Körper, der sich nach vollendeter Streckung in vier bis sechs Arme teilt“. Ich hatte bei meinen Beobachtungen bislang eher den Eindruck, dass sich die Arme bereits getrennt voneinander aus dem Hexenei herausstrecken. Wie auch immer das genau passiert, am Ende steht ein eindrucksvolles Gebilde, welches meiner Meinung nach seinesgleichen sucht. Sowohl auf das Aussehen als auch auf den Geruch bezogen.



Außergewöhnliches Aussehen und unverwechselbarer Geruch
Wenn man ihn nämlich nicht sieht, riecht man ihn. Seinem unverwechselbaren Aasgeruch können bestimmte Insekten nämlich nicht widerstehen und tragen so zur Verbreitung des Tintenfischpilzes bei. Die Sporen des Pilzes befinden sich im dunklen Schleim, den man auf den Armen des Pilzes sieht. Dieser Schleim wird von den Insekten gefressen und somit verbreiten sich die Sporen des Pilzes über ihren Kot weiter. Das ist so zu sagen eine Win-win-Situation, da die Insekten am Pilz fressen, aber dadurch gleichzeitig seine Sporen verbreiten. Diese durchlaufen den Verdauungstrakt der Insekten unbeschadet und haben später eventuell die Chance, irgendwo ein neuer Tintenfischpilz zu werden.
Für mich ist der Tintenfischpilz etwas Besonderes, und ich freue mich, dass ich ihn nach langer Suche (mit etwas Hilfe) nun endlich gefunden habe.





